Abschaffung der Heiratsstrafe – oder nicht?
- Julia Tatje

- 16. Juli
- 4 Min. Lesezeit

Ich kam nicht umhin, mich zu fragen: Ist heiraten nicht schon Strafe genug...?
Das kommt wohl ganz auf den Partner an. In der Schweiz gibt es aber noch einen Grund, sich die Hochzeit wirklich gut zu überlegen: Verheiratete Paare werden gemeinsam besteuert. Es kommt nämlich häufig vor, dass Doppelverdiener nach der Hochzeit höhere Steuern bezahlen. Deshalb sprechen wir von der «Heiratsstrafe». Ob sie bald abgeschafft wird und ob sich eine Ehe bis dahin trotzdem (steuerlich) lohnt, das sehen wir uns heute gemeinsam an.
Was ist die Heiratsstrafe in der Schweiz?
«Was dein ist, ist auch mein» – das gilt in der Ehe auch, wenn es um die Steuer geht. Sobald zwei Menschen verheiratet sind, reichen sie die Steuererklärung gemeinsam ein. Weil im Schweizer Steuersystem jeder nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert wird, kann das eine grössere oder kleinere Steuerlast für verheiratete Paare bedeuten.
Dabei ist wichtig zu wissen, dass die Heiratsstrafe nicht jeden gleichermassen trifft: Paare mit ungleichem Einkommen oder einem alleinigen Ernährer, können durch die gemeinsame Steuererklärung sogar sparen. Verdienen aber beide Partner in etwa gleich, dann zahlen sie drauf. Fast so, als sollte eine Ehe vom Prinzip her nicht aus zwei gleichberechtigten Partnern bestehen – wer hätte das gedacht?
Heiratsstrafe berechnen: Ein Beispiel
Am besten lässt sich die Heiratsstrafe anhand eines fiktiven, stark vereinfachten Beispiels verstehen. Nehmen wir an, ein Paar verdient jeweils 100 Franken und muss vor der Ehe jeweils 20 Franken an Steuern bezahlen. Dann wird ihr Einkommen nach der Hochzeit höher besteuert, weil sie mit insgesamt 200 Franken wirtschaftlich leistungsfähiger wirken. So sind sie künftig gemeinsam 50 Franken schuldig.
Hat aber nur einer der beiden ein Einkommen, dann sinkt die Steuerlast nach der Hochzeit bei 100 Franken Haushaltseinkommen auf 15 statt 20 Franken. Damit bevorzugt das Schweizer Steuersystem also eindeutig verheiratete Paare, bei denen nicht beide gleichermassen zum Haushaltseinkommen beitragen.
Natürlich ist die Berechnung in Wahrheit deutlich komplizierter. Ob und wie stark die Heiratsstrafe auch Sie trifft, das finden wir gerne für Sie heraus. Gemeinsam können wir Ihre Heiratsstrafe berechnen und die Steuerlast möglichst gering halten. Zumindest steuerlich wissen Sie dann, ob das Ja-Wort eine gute Idee ist.
Kritik an der gemeinsamen Steuererklärung
Wäre die Braut, die sich nicht traut, in der Schweiz zu Hause gewesen – dann hätte sie vermutlich steuerliche Beweggründe gehabt, vor dem Altar zu fliehen. Die Heiratsstrafe ist nämlich, um es freundlich auszudrücken, nicht mehr wirklich zeitgemäss. Sie stammt aus einer Zeit, in der fast nur verheiratete Paare zusammengelebt haben und meist nur einer der beiden ein Einkommen hatte.
Damals hat es durchaus Sinn ergeben, verheiratete Paare anders zu besteuern als unverheiratete. Ein gemeinsamer Haushalt spart schliesslich Kosten, weil man sich die Miete und andere Fixkosten teilen kann. Heute leben jedoch viele Menschen miteinander, ohne vorher zu heiraten: ob als «Konkubinatspaar» ohne Trauschein oder einfach als Wohngemeinschaft.
Gleichzeitig ist es heute viel weniger üblich, dass die Frau zu Hause bleibt und nur der Mann arbeiten geht. Deshalb gibt es viele verheiratete Doppelverdiener, die durch die Heiratsstrafe draufzahlen. Wie sehr das Schweizer Steuersystem aus der Zeit gefallen ist, zeigt schliesslich ein bürokratischer Fakt: In fast allen Kantonen wird die Steuererklärung unter der AHV-Nummer des Mannes eingereicht. Den Nachnamen darf frau also behalten, die Steuernummer muss frau übernehmen – und das 2025…
Der lange Weg zur Abschaffung der Heiratsstrafe
Es ist fast so, als könnte sich das Schweizer Steuersystem nicht von der Heiratsstrafe trennen. Es wird viel diskutiert und über Lösungen nachgedacht, doch so eine Scheidung dauert bekanntlich länger: Seit 1984 wird immer wieder daran gearbeitet, die Heiratsstrafe abzuschaffen. Gerade konservative Parteien möchten das alte System lieber beibehalten.
2025 kommen wir der Abschaffung der Heiratsstrafe endlich wieder einen grossen Schritt näher. Es soll stattdessen eine «Individualbesteuerung» geben. Das würde bedeuten, dass beide Partner ihre Steuererklärung separat einreichen und individuell besteuert werden. Noch wird aber heftig diskutiert, wie das genau funktionieren soll. Der Rosenkrieg ist also in vollem Gange.
Wann wird die Heiratsstrafe abgeschafft?
Die Heiratsstrafe endgültig vor die Tür zu setzen, dürfte noch etwas dauern. Noch im Sommer 2025 sollen Details geklärt und das neue Gesetz verabschiedet werden. Wir können aber davon ausgehen, dass konservative Parteien das Referendum dagegen ergreifen werden. Dann kommt es voraussichtlich im Frühjahr 2026 zu einer Volksabstimmung.
Stimmt das Volk zu, dann müssen die 26 Kantone jeweils ihre Steuergesetze anpassen. Die Anpassungen – und damit die Abschaffung der Heiratsstrafe – würden also frühestens 2027 in Kraft treten.
Von Steuerfragen zurück zur Romantik
Fürs Erste bleibt die Steuererklärung ein unromantisches Thema, das Eheleute gemeinsam angehen müssen. Und vielleicht ist genau das wiederum doch romantisch. Ausserdem spricht steuerlich nicht alles gegen eine Hochzeit. Als kleiner Trost haben verheiratete Paare zum Beispiel beim Erbrecht einen Vorteil. Damit die Steuererklärung nicht zum ersten Streit im neuen Eheglück wird, helfen wir als taxum AG gerne bei der Einreichung. Dann können Sie sich endlich wieder auf die schönen Seiten der Ehe konzentrieren. Denn ja: Die gibt es natürlich – genauso, wie auch die Schweiz ihre guten Seiten hat!
Und einfach so, ist eine Hochzeit trotz Heiratsstrafe irgendwie auch ein steuerlicher Liebesbeweis…



